Der Tierschutz ist ein ausdrückliches Ziel der Politik auf EU-Ebene. In den Gründungsverträgen der EU, die ihre verfassungsrechtliche Grundlage bilden, heißt es in Artikel 13 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU, dass die EU bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei, Binnenmarkt, Forschung und in anderen Bereichen dem Wohlergehen der Tiere als fühlenden Wesen in vollem Umfang Rechnung tragen muss.

Infolgedessen hat die EU im Laufe der Jahre eine Vielzahl von Vorschriften zum Tierschutz entwickelt. Die am Gesetzgebungsprozess beteiligten Institutionen sind die Europäische Kommission, der Rat der EU und das Europäische Parlament. Die 705 direkt gewählten Mitglieder des Parlaments spielen somit eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung von EU-Vorschriften. Das bedeutet, je mehr tierschutzfreundliche Abgeordnete gewählt werden, desto stärker ist die Unterstützung des Parlaments für Maßnahmen und neue Vorschriften, die den Tierschutz verbessern sollen.

Nach der Wahl eines neuen Parlaments werden alle bestehenden Tierschutzvorschriften unverändert bleiben, denn ein neues Parlament bedeutet nicht automatisch, dass Änderungen vorgenommen werden. Das neue Parlament kann und wird sich nur mit den Tierschutzgesetzen befassen, die derzeit bereits ausgearbeitet werden, sowie mit allen Vorschlägen für neue Rechtsvorschriften oder für die Überarbeitung bestehender Rechtsvorschriften, wenn diese von der neuen Europäischen Kommission in der nächsten Legislaturperiode vorgeschlagen werden.

Nach den Europawahlen tritt nicht nur ein neues Parlament, sondern auch eine neue Europäische Kommission an. Es wird an dieser Kommission liegen, zu entscheiden, was mit der Überarbeitung der Rechtsvorschriften geschieht, die in der vorangegangenen Wahlperiode zwar vorgesehen, aber nicht vorgelegt wurden. Was die bereits vorliegenden Legislativvorschläge betrifft, so könnte die neue Kommission beschließen, sie zurückzuziehen.

Die Chancen, dass dies nach den Wahlen 2024 geschieht, sind jedoch relativ gering, da die nächste Kommission sehr wahrscheinlich eine Von der Leyen 2.0-Kommission sein wird, was bedeutet, dass sie die bisherige Arbeit weitgehend fortsetzen wird. Wenn die Vorschläge nicht verworfen werden, wird das neue EU-Parlament weiter daran arbeiten.

Nein. EU-Entscheidungen zum Tierschutz können sowohl direkt als auch indirekt Auswirkungen über die Grenzen der EU hinaus haben. Die EU hat viele Handelsabkommen mit Ländern außerhalb der Union geschlossen. Im Rahmen dieser Abkommen werden häufig "Spiegelklauseln" eingeführt. Solche Klauseln schreiben vor, dass Produkte, die in die Europäische Union eingeführt werden, denselben Standards entsprechen müssen, die für dieselben Produkte innerhalb der EU gelten. Spiegelklauseln können sich direkt auf den Tierschutz außerhalb der EU auswirken, wenn sie in Bezug auf tierische Erzeugnisse angewandt werden und beispielsweise vorschreiben, dass importiertes Fleisch oder Milchprodukte nach denselben Tierschutznormen wie in der EU erzeugt wurden.

Darüber hinaus können sich EU-Beschlüsse durch den "Brüssel Effekt" auch indirekt auf den Tierschutz außerhalb der Union auswirken. Dies bedeutet, dass die Größe und Bedeutung des Marktes der Europäischen Union häufig dazu führt, dass internationale Unternehmen außerhalb der EU die gleichen Standards wie innerhalb der EU anwenden, da dies für sie wirtschaftlich, rechtlich und technisch praktikabler ist.

Damit der Tierschutz in den nächsten Jahren so weit wie möglich vorankommt, brauchen wir EU-Institutionen, die sich um dieses Thema kümmern. Für das EU-Parlament bedeutet das: Je mehr Abgeordnete sich für den Tierschutz einsetzen, desto besser. Zunächst können Sie sich darüber informieren, welche Kandidatinnen und Kandidaten sich für den Tierschutz einsetzen, indem Sie nicht nur prüfen, wer die Tierschutzverpflichtung unterzeichnet hat, sondern auch die Wahlprogramme der politischen Parteien durchlesen, in denen der Tierschutz als Priorität genannt werden könnte. Es geht dann darum, bei den Wahlen für diese Kandidatinnen und Kandidaten zu stimmen.

Nach den Wahlen können Sie den Tieren weiterhin helfen, indem Sie den Druck auf die gewählten Abgeordneten aufrechterhalten, zum Beispiel durch E-Mail-Aktionen, Petitionen und Veranstaltungen, die von VIER PFOTEN organisiert werden.