Orang-Utan-Rehabilitation: Ein Programm zur Rückkehr in ihren natürlichen Lebensraum
In der ORANG-UTAN WALDSCHULE in Borneo durchlaufen die Waisenkinder verschiedene Bildungsstufen
Unsere ORANG-UTAN WALDSCHULE, geführt von unserem Partner Yayasan Jejak Pulang in Zusammenarbeit mit dem indonesischen Forstministerium, ist ein Rehabilitationsprogramm für Orang-Utans, die in einem sehr jungen Alter ihre Mutter verloren haben. Die Pflegerinnen und Pfleger übernehmen die Aufgaben der verstorbenen Orang-Utan Mutter und zeigen den Waisen, wie sie im Wald überleben. Das Ziel ist es, dass die Tiere eines Tages wieder in ihren natürlichen Lebensraum dem Wald zurückkehren können, um frei und fern von Menschen zu leben.
Die Rehabilitation ist ein langwieriger Prozess, der abhängig von den individuellen Bedürfnissen der einzelnen Orang-Utans Jahre dauern kann. Orang-Utans haben große Gehirne und sind genauso lernbedürftig wie Menschen. Obwohl sie sich bereits im Alter von 5 bis 7 Jahren von der Mutter entwöhnen, bleiben sie noch mehrere Jahre in ihrer Nähe. In dieser Zeit lernen sie die lebenswichtigen Fähigkeiten, die sie zum Überleben in der Wildnis benötigen. Bei den meisten geretteten Orang-Utans handelt es sich um Waisen, die noch nicht einmal fünf Jahre alt sind. Diese Kinder sind zu jung, um allein zu überleben, und brauchen ein Vorbild, um in Abwesenheit ihrer Mutter alle lebenswichtigen Fähigkeiten zu erlernen.
Rehabilitationsprogramm
Die verwaisten Orang-Utans erlernen ihre Fähigkeiten schrittweise und entwickeln sich langsam in Richtung Unabhängigkeit. Abhängig vom Alter bei der Ankunft, ihrem psychologischen Zustand und ihren Vorkenntnissen beginnen die Orang-Utans in verschiedenen Stufen des Rehabilitationsprogramms, die in zwei verschiedenen Waldgebieten stattfinden: Die Waldschule und das Auswilderungsgebiet.
Die Waldschule
Die Waldschule ist ein über 100 Hektar großes Waldstück, das von der indonesischen Regierung zur Verfügung gestellt wird. Das von Förstern geschützte Gebiet verfügt nur über die grundlegendste Infrastruktur; eine Sicherheitspatrouille, Zugangskontrollen, ein Wegesystem durch den Wald, einen Hausmeisterposten, ein Nahrungsmittellager, Wassermanagement einschließlich der Reinigung von Biofiltern, einen tierärztlichen Behandlungsraum, ein Babyhaus (Porta Camp) für die jüngsten Orang-Utans und Nachtkäfige für ältere Säuglinge und Jungtiere. Die Orang-Utans durchlaufen in der Waldschule folgende Ausbildungsstufen:
Level 1 (Kindergarten)
Die erste Stufe ist für Säuglinge und Kleinkinder unter 2 Jahren. Sie brauchen die meiste Aufmerksamkeit der Leihmütter, da sie mehr Pflege und emotionale Unterstützung benötigen. Sie verbringen den Tag mit ihren Leihmüttern im Wald und schlafen im Kinderzimmer des so genannten "Porta Camp". Die Ersatzmütter gehen mit den kleinen Orang-Utans auf Nahrungssuchen im Wald und ahmen das Verhalten der wilden Orang-Utans nach, damit die Kleinen dies erlernen.
Level 2
Die zweite Stufe ist für ältere Kleinkinder und Jungtiere. In diesem Alter fangen die Orang-Utans an, unabhängiger zu werden. Sie verbringen den Tag im Wald, von den Pflegern begleitet, um Nahrung zu finden. Manchmal ergreifen sie auch selbst die Initiative und erkunden den Wald. Wenn die Jungtiere vorangehen, folgen die Pfleger ihnen einfach. Auf Stufe 2 sollten sich die Waisen mehr und mehr im Nestbau üben und in der Mittagszeit ein Nickerchen im Nest halten. Bei Sonnenuntergang kehren sie nicht mehr in die Kinderstube zurück, sondern schlafen in Hängematten in Nachtkäfigen und sind nachts den Geräuschen des Waldes ausgesetzt.
Level 3
Die Jugendlichen und Heranwachsenden der Stufe 3 entscheiden selbst, wohin sie gehen und was sie im Wald erforschen wollen, während die Betreuer sie nur begleiten und bei Bedarf unterstützen. Jetzt wird die Waldschule mit ihren 100 ha zu klein für sie.
In diesem Alter sind sie auch schon in der Lage, ein Nest zu bauen und die Nacht dort zu verbringen. Manchmal teilen sie sich sogar ein Nest mit anderen Orang-Utans der gleichen Stufe. Wenn es in der Gegend alte Nester gibt, werden sie von den Orang-Utans oft wiederverwendet und renoviert.
Am Ort der Freilassung: Dschungelakademie und Freilassung
Wir planen den Start der Dschungelschule für Ende 2022. Die ältesten Schüler, Amalia und Eska, werden in einem riesigen Gebiet des primären Tieflandwaldes untergebracht, das Teil eines ausgedehnten Waldschutzgebietes in Ost-Kalimantan ist. Das Gebiet ist für Menschen praktisch unzugänglich, es beherbergt viele Orang-Utan-Futterbäume und es gibt keine ansässige Orang-Utan-Population, die wir durch das Einbringen von Konkurrenten gefährden würden. Die Orang-Utans werden zusammen mit ihren vertrauten Betreuern umgesiedelt und durchlaufen eine ähnliche Routine wie die Stufe 3 der Waldschule, nur eben am neuen Ort. Sie müssen sich an die neue Umgebung mit all den anderen Wildtieren vor Ort gewöhnen und herausfinden, wo die guten Nahrungspflanzen sind. Dabei werden sie von ihren vertrauten Betreuern unterstützt. Sobald sie sich in dem neuen Gebiet auskennen und sich sicher fühlen, d.h. wieder die Führung zu übernehmen, betrachten wir sie als "erwachsen". Von diesem Zeitpunkt an werden die Orang-Utans, egal wie lange es dauert, bis sie diesen Punkt erreichen, nur noch aus der Ferne überwacht. Und wir werden dafür sorgen, dass niemand in den Wald eindringt und sie gefährdet.
Artenschutz und Orang-Utans als Schirmspezies
Erfolgreich rehabilitierte und wieder angesiedelte Orang-Utans werden zum Überleben eines der engsten lebenden Verwandten des Menschen in freier Wildbahn beitragen. Der Schutz von Orang-Utans ist mehr als nur der Schutz einzelner Tiere. In ihrem natürlichen Lebensraum können wieder angesiedelte Orang-Utans als Schirmspezies dienen und durch ihre bloße Anwesenheit anderen bedrohten Arten wie Nashörnern, Leoparden, Bären, Vögeln und vielen anderen Schutz bieten.