Von wegen „faule Sau“
VIER PFOTEN räumt mit Vorurteilen gegenüber Schweinen auf
Hamburg, 06. August 2024 – Derzeit werden wegen der Afrikanischen Schweinepest (ASP) Hunderte Schweine getötet. Im Fokus der Berichterstattung ist dabei der wirtschaftliche Schaden für die Landwirtschaft – nicht aber das Schicksal der Tiere. Liegt das an Annahmen über Schweine, sie seien dumm, faul und unreinlich? Die globale Tierschutzstiftung VIER PFOTEN macht einen Faktencheck zu gängigen Vorurteilen gegenüber Schweinen und fordert bessere Maßnahmen zur Eindämmung der ASP.
„Du dummes Schwein“
Im Gegensatz zur weitläufigen Aussage im deutschen Sprachgebrauch sind Schweine sehr intelligent – sogar intelligenter als Hunde. Zum Beispiel haben Schweine in einer Studie Aufgaben schneller gelöst als Hunde, um so an Leckerlis zu kommen. Außerdem haben sie dabei im Gegensatz zu den Hunden Ehrgeiz bewiesen und versucht, auch schwierige Aufgaben zu lösen, während die Hunde schneller aufgegeben haben. Es ist erwiesen, dass Schweine strategisch denken können und sogar ein mathematisches Verständnis haben. Darüber hinaus hat jedes Schwein seine eigene Persönlichkeit: Es gibt mutigere, schüchterne, aufmüpfige und zurückhaltende Persönlichkeiten. Schweine erinnern sich an ihren Namen und erkennen sich selber im Spiegel – ein Zeichen von Intelligenz. Sie haben auch eine eigene Sprache mit bisher mehr als 20 bekannten Lauten. In dieser Sprache verständigen sie sich und reagieren in ihrer Schweinesprache auch auf Ansprache durch Menschen.
„Du faule Sau“
Schweine sind das Gegenteil von faul, sie sind ca. 70 Prozent des Tages aktiv. Das gilt auch für die Versorgung des eigenen Nachwuchses: Mutterschweine schützen ihre Kinder kompromisslos. Sie bringen ihren Töchtern später bei, sich selbst ein Geburtsnest aus Stroh zu bauen und helfen ihnen, sich auf die Geburt vorzubereiten. Wer einmal Schweine „bei der Arbeit“ beobachtet hat, weiß, dass sie selten lange Zeit einfach nur daliegen: Über zehn Stunden pro Tag verbringen Schweine damit, nach Essbarem zu wühlen, sich in der Suhle zu wälzen, die Umgebung zu erkunden, sich mit ihren Sozialpartnern auszutauschen, zu spielen, zu laufen und Körperpflege zu betreiben.
„Du stinkende Drecksau“
Schweine stinken von Natur aus nicht. Nur in der industriellen Haltung auf Betonvollspaltenböden sind sie dazu gezwungen, dauerhaft über ihren eigenen Exkrementen zu liegen – eine Qual für die sensiblen Borstentiere. Schweine sind extrem reinliche Tiere, die freiwillig niemals in ihr Schlafnest koten würden. Sie besitzen mehr Riechzellen als Hunde und sind in der Lage, bis zu einer Tiefe von 50 Zentimetern Wurzeln oder Trüffel im Boden aufzuspüren. Damit ist die gängige industrielle Schweinehaltung auf Vollspaltenböden Tierquälerei und der Spruch „du stinkende Drecksau“ absolut unangebracht.
„Du asoziales Schwein“
Schweine sind hochsoziale Tiere mit ausgeprägtem Sozialverhalten. Die meisten Verhaltensweisen, z.B. Fressen, werden gemeinsam ausgeführt. In einer festen Gruppe gibt es eine strikte Rangordnung, die Streitigkeiten gering hält. Schweine leben in der Natur in Familiengruppen, sogenannten Rotten, von 20 bis 30 Tieren, die aus Muttertieren und deren Nachwuchs bestehen. Die männlichen Tiere verlassen nach der Geschlechtsreife die Rotte und leben für eine gewisse Zeit in Junggesellen-Gruppen zusammen. Später, als ausgewachsene Eber, sind sie eher einzeln unterwegs, schließen sich jedoch während der Paarungszeit den Rotten an.
Forderungen von VIER PFOTEN
- Die Nicht-Impf-Politik der EU muss aufgegeben werden. Diese besteht allein aus handelspolitischer Sicht und verhindert, dass rasch Impfungen gegen die ASP entwickelt und angewendet werden.
- Die Ursachen der Verbreitung auf unzählige Tiere müssen verhindert werden: Denn es werden neben den kranken Tieren auch auf Verdacht gesunde Tiere getötet, weil sie in sogenannten Kontakt-Betrieben leben. Zudem kommt es zu zusätzlichem Tierleid, wenn Tiere aus den Sperrzonen nicht herausdürfen, so werden die Ställe immer voller, die Tiere haben immer weniger Platz.
- Insgesamt müssen die Tierzahlen in der Landwirtschaft drastisch reduziert und weniger Schweine gehalten werden. Auch eine Dezentralisierung der Betriebe ist nötig. Statt die Tiere erst vom Zuchtbetrieb zum Aufzuchtbetrieb, dann zum Mastbetrieb und schließlich zum Schlachthof zu transportieren, muss es geschlossene Systeme geben, die keine Transporte erfordern.
Weitere Informationen zum Thema Schwein finden Sie hier.
Oliver Windhorst
Pressesprecher für Tiere in der Landwirtschaft+49 151 183 515 30
VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
Lübecker Straße 128, 22087 Hamburg
VIER PFOTEN ist die weltweite Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Leiden aufdeckt, Tiere in Not rettet und sie schützt. Gegründet 1988 in Wien von Heli Dungler und Freunden, setzt sich die Organisation für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Empathie und Verständnis begegnen. Die nachhaltigen Kampagnen und Projekte von VIER PFOTEN konzentrieren sich auf Haustiere wie streunende Hunde und Katzen, Nutztiere und Wildtiere - wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans - in unangemessener Haltung sowie in Katastrophen- und Konfliktgebieten. Mit Büros in Australien, Österreich, Belgien, Bulgarien, Frankreich, Deutschland, Kosovo, den Niederlanden, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, Großbritannien, den USA und Vietnam sowie Auffangstationen für gerettete Tiere in elf Ländern bietet VIER PFOTEN schnelle Hilfe und langfristige Lösungen.