
44 Jahre illegale Kastenstände bei Sauen
Tierschutzorganisationen lehnen rechtswidrigen Entwurf zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung ab
Hamburg, 28. Juni 2019 – Die Fixierung von Sauen in körpergroßen Metallkäfigen, die sogenannte Kastenstandhaltung, verstößt gegen das Tierschutzgesetz und ist verfassungswidrig. Im Referentenentwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wird versucht, den Kastenstand bis auf weiteres zu legitimieren. Die internationale Tierschutzstiftung VIER PFOTEN, der Deutsche Tierschutzbund e.V., der Bundesverband Tierschutz e.V., PROVIEH e.V., der Bund gegen Missbrauch der Tiere e.V. sowie der Bundesverband Menschen für Tierrechte e.V. haben heute ihre Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMEL zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung eingereicht. Darin lehnen die unterzeichnenden Organisationen den Entwurf strikt ab. Er ist in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig und ein juristischer Skandal.
Die Hamburger Rechtsanwältin Dr. Davina Bruhn hat sich im Auftrag von VIER PFOTEN eingehend mit dem Entwurf beschäftigt und eine Kurzexpertise erstellt, welche belegt, dass die bestehende Kastenstandhaltung sowie die geplante Neuregelung gegen das Tierschutzgesetz verstoßen und verfassungswidrig sind:
Die mangelhafte Haltungsverordnung für Schweine besagt bereits seit 1988, dass die Tiere zumindest ein Recht darauf haben, mit ausgestreckten Beinen ruhen zu können. Halter sollten in einer Übergangsfrist bis spätestens 1992 dafür sorgen, dass dies möglich ist – doch in den vergangenen Jahrzehnten hat sich nichts getan. Zuletzt hatte das Oberverwaltungsgericht Magdeburg in einem Gerichtsurteil im Jahr 2015 festgestellt, dass die üblichen Kastenstände nicht den Vorgaben der Haltungsverordnung entsprechen und deshalb illegal sind. Statt nun endlich die Behörden zu verpflichten, keine Kastenstände mehr zu genehmigen, plant die Bundesregierung, den entscheidenden Nebensatz, dass „jedes Schwein in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann“ aus der Verordnung herauszustreichen, zugunsten der Agrarlobby. So wird aus einem illegalen Zustand ein legaler Zustand gezaubert und ein gesprochenes Gerichtsurteil nicht nur völlig ignoriert, sondern einfach außer Kraft gesetzt – zur Verschlechterung für die Tiere. Dies ist ein Verstoß gegen Artikel 20a Grundgesetz und das damit einhergehende sogenannte Verschlechterungsverbot. Die illegalen Kastenstände sollen für weitere 17 Jahre unverändert bestehen bleiben dürfen. Aber auch danach sollen Kastenstände nicht abgeschafft werden, sondern mit einer verkürzten Fixierdauer bis auf unbestimmte Zeit bestehen bleiben. Statt jetzt die Weichen für eine tiergerechte und zukunftsfähige Sauenhaltung zu stellen, setzt das BMEL auf minimale Kompromisslösungen, die aus Tierschutzsicht eindeutig abzulehnen sind.
Eine Stellungnahme zur Neuregelung des Kastenstandes sowie eine Kurzexpertise von Dr. Davina Bruhn finden Sie im Anhang dieser Pressemitteilung.
Weitere Informationen zur Kastenstandhaltung lesen Sie hier: www.vier-pfoten.de/kampagnen-themen/themen/schweine-haltung/kastenstand
VIER PFOTEN ist die weltweite Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Leiden aufdeckt, Tiere in Not rettet und sie schützt. Gegründet 1988 in Wien von Heli Dungler und Freunden, setzt sich die Organisation für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Empathie und Verständnis begegnen. Die nachhaltigen Kampagnen und Projekte von VIER PFOTEN konzentrieren sich auf Haustiere wie streunende Hunde und Katzen, Nutztiere und Wildtiere - wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans - in unangemessener Haltung sowie in Katastrophen- und Konfliktgebieten. Mit Büros in Australien, Österreich, Belgien, Bulgarien, Frankreich, Deutschland, Kosovo, den Niederlanden, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, Großbritannien, den USA und Vietnam sowie Auffangstationen für gerettete Tiere in elf Ländern bietet VIER PFOTEN schnelle Hilfe und langfristige Lösungen.