VIER PFOTEN zur Tierschutzgesetz-Novelle: „Noch weitreichende Verbesserungen für mehr Tierschutz nötig“
VIER PFOTEN-Bewertung: positive Ansätze, aber noch Verbesserungsbedarf
Hamburg, 01. März 2024 – Heute endet die Frist der Länder- und Verbändeanhörung zur Novellierung des Tierschutzgesetzes: In der über 80 Seiten starken Stellungnahme zum Referentenentwurf kritisiert VIER PFOTEN trotz positiver Ansätze noch zahlreiche Mängel und Leerstellen. Die globale Tierschutzstiftung sieht noch weitreichenden Verbesserungsbedarf, damit das neue Tierschutzgesetz seinem Namen gerecht wird.
Bewertung wichtiger Bereiche des Referentenentwurfs
Der Entwurf konkretisiert endlich wichtige Qualzuchtmerkmale. Diese Änderungen reichen jedoch nicht aus, um alle Tiere zu umfassen, die an zuchtbedingten Defekten leiden. Zudem fehlen beispielsweise die wichtigen Haltungs- und Handelsverbote für qualgezüchtete Tiere. Auch die vom Ministerium geplante 15-jährige Übergangsfrist ist strikt abzulehnen.
Bewertung des Referentenentwurfs im Hinblick auf Tiere in der Landwirtschaft
VIER PFOTEN kritisiert, dass die meisten Amputationen an landwirtschaftlich gehaltenen Tieren aus wirtschaftlichen Gründen durch Ausnahmeregeln erlaubt bleiben sollen: Dazu gehört unter anderem das Abschneiden des Ringelschwanzes und das Kupieren des Schnabels. Dass die Anbindehaltung mit dem Gesetz verboten werden soll, begrüßt VIER PFOTEN, das ist auch längst überfällig, da diese tierschutzwidrige Haltung nie ausdrücklich erlaubt war. Unter Ausnahmebedingungen wird es aber noch über einen langen Zeitraum möglich sein, die Rinder saisonal anzubinden. Doch auch dabei leiden die Tiere einen Großteil des Jahres noch unter den Auswirkungen der Anbindehaltung. Deswegen ist auch hier ein zeitnahes vollständiges Verbot dringend nötig. Darüber hinaus kritisiert VIER PFOTEN scharf, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium die Chance nicht genutzt hat, grausame Tiertransporte in Drittstaaten gesetzlich zu beenden.
Bewertung des Referentenentwurfs im Hinblick auf
Heim- und Wildtiere
Die vom Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) geplante Identitätsangabe auf Online-Plattformen geht nicht weit genug, um der Welpenmafia das Handwerk zu legen. Um das kriminelle Handeln wirklich zu bekämpfen, müssen die Händlerinnen und Händler aus der Anonymität geholt werden. Grundlage dafür wäre eine Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht der Tiere, bei der auch die Halterangaben überprüft werden. Wir fordern eine entsprechende Pflicht direkt im Gesetz zu verankern, das BMEL will nur die Grundlage für eine Verordnung schaffen. Zudem soll es künftig verboten sein, Wirbeltiere auf öffentlich zugänglichen Straßen, Wegen oder Plätzen zu verkaufen. Laut Entwurf soll die Regelung jedoch nur für gewerbsmäßig Handelnde greifen. Sie muss aber auch für den Privatverkauf gelten sowie wirbellose Tiere umfassen, da rund um Tierbörsen und insbesondere beim illegalen Welpenhandel immer wieder Verkäufe durch Privatpersonen auf öffentlichen Plätzen stattfinden.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat es versäumt, ein umfassendes Verbot für Wildtiere in Zirkussen festzulegen. Zwar ist es als Fortschritt zu bewerten, dass die im Entwurf vorgelegte Verbotsliste einige Tierarten mehr umfasst als frühere Vorschläge – insbesondere die Großkatzen. Dennoch reicht dies aus Tierschutzsicht nicht aus, denn die nicht-gelisteten Tiere bleiben weiterhin ungeschützt. Unabhängig davon, ob es sich um die Dressur, die Haltung oder den Transport handelt, können Zirkusse aufgrund der systemimmanenten Probleme nicht gewährleisten, dass Wildtiere tiergerecht gehalten werden.
Eine Positivliste, die den Handel und die Privathaltung von Heimtieren reguliert, taucht im Entwurf ebenfalls nicht auf. Diese wäre jedoch dringend erforderlich, um den florierenden Wildtierhandel und die bisher unkontrollierte Haltung, vor allem exotischer Arten, in den Griff zu bekommen. Ein Verbot für den Online-Handel mit Wildtieren wurde ebenfalls nicht verankert.
Auf Wunsch schicken wir Ihnen die komplette Stellungnahme gerne zu.
Weitere Informationen zum Thema finden Sie hier.
Oliver Windhorst
Pressesprecher für Tiere in der Landwirtschaft+49 151 183 515 30
VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
Lübecker Straße 128, 22087 Hamburg
VIER PFOTEN ist die weltweite Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Leiden aufdeckt, Tiere in Not rettet und sie schützt. Gegründet 1988 in Wien von Heli Dungler und Freunden, setzt sich die Organisation für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Empathie und Verständnis begegnen. Die nachhaltigen Kampagnen und Projekte von VIER PFOTEN konzentrieren sich auf Haustiere wie streunende Hunde und Katzen, Nutztiere und Wildtiere - wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans - in unangemessener Haltung sowie in Katastrophen- und Konfliktgebieten. Mit Büros in Australien, Österreich, Belgien, Bulgarien, Frankreich, Deutschland, Kosovo, den Niederlanden, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, Großbritannien, den USA und Vietnam sowie Auffangstationen für gerettete Tiere in elf Ländern bietet VIER PFOTEN schnelle Hilfe und langfristige Lösungen.