„Jetzt ist ein Anfang gemacht, bis zu einem Tierschutzgesetz, das Tiere wirklich schützt, ist es aber noch ein weiter Weg. Immerhin: Das Bundeslandwirtschaftsministerium macht mit dem Entwurf deutlich, dass es die gesellschaftliche Relevanz und den Verfassungsrang von Tierschutz anerkennt. Das zeigt sich etwa darin, dass die Freiheitsstrafen für Tierquälerei auf fünf, in besonders schweren Fällen, sogar auf bis zu zehn Jahre erhöht werden sollen. Auch die Geldbußen steigen empfindlich auf bis zu 100.000 Euro. Zudem stellt das Ministerium im Entwurf klar, dass ein wirtschaftliches Interesse für sich genommen keinen vernünftigen Grund darstellt, Tiere leiden zu lassen.
Umso unverständlicher ist es, dass es auch mit dem neuen Gesetz möglich bleiben soll, Amputationen an landwirtschaftlich gehaltenen Tieren aus wirtschaftlichen Gründen durchzuführen. Das Abschneiden des Ringelschwanzes und das Kupieren des Schnabels bleiben somit weiterhin möglich. Wenigstens wurden die Betäubungspflichten bei Eingriffen auf das Enthornen und Kastrieren von Rindern ausgeweitet. Doch leider werden die Tiere immer noch an die Haltung angepasst und nicht umgekehrt.
Die ganzjährige Anbindehaltung soll mit Inkrafttreten des Gesetzes verboten werden. Diese Klarstellung begrüßen wir, sie ist auch längst überfällig, da diese tierschutzwidrige Haltung nie gesetzlich erlaubt war. Die saisonale Anbindehaltung wird jedoch nicht verboten, sondern lediglich genauer definiert. Doch auch bei der saisonalen Anbindehaltung leiden die Tiere einen Großteil des Jahres noch unter den grausamen Bedingungen der Anbindehaltung. Deswegen ist auch hier ein Verbot dringend nötig.
Für qualgezüchtete Tiere soll es laut Referentenentwurf ein Ausstellungs- und Werbeverbot geben. Das ist sehr zu begrüßen, könnte aber nur wirksam durchgesetzt werden, wenn auch die Qualzuchtmerkmale im Gesetz konkretisiert würden. So wurde es auch im Koalitionsvertrag angekündigt, das fehlt aber bislang im Gesetzesentwurf. Ebenso vermissen wir beispielsweise das wichtige Haltungs- und Handelsverbot von Qualzuchttieren.
Positiv zu bewerten ist, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium endlich anerkennt, dass es massive Probleme beim Tierschutz, der Tiergesundheit und dem Verbraucherschutz im Bereich des Online-Handels mit Heimtieren gibt. Allerdings ist der geplante Identitätsnachweis nicht scharf genug formuliert, um der Welpenmafia das Handwerk zu legen. Denn noch immer gibt es für Kriminelle die Möglichkeit, ihre Identität zu verschleiern, da die Daten auf den Online-Plattformen nicht überprüft werden müssen. Dass Behörden im aktuellen Entwurf die Aufklärung und der Vollzug bei potenziellen Vergehen leichter gemacht wird, ist eine begrüßenswerte Entwicklung. Die Kennzeichnung und Registrierungspflicht von Hunden und Katzen, die die Grundlage für den sicheren Online-Handel ist, soll erst zu einem späteren Zeitpunkt durch eine Verordnung eingeführt werden. Dies hätte man auch sofort im Gesetz verankern müssen.
Leider versäumt es das Bundeslandwirtschaftsministerium, ein Verbot für Wildtiere in Zirkussen im Entwurf zu verankern – damit bleibt Deutschland Schlusslicht in Europa. Eine Positivliste, die den Handel und die Privathaltung von Heimtieren reguliert, taucht im Entwurf ebenfalls nicht auf.
Insgesamt müssen noch deutliche Verbesserungen her, denn der von Cem Özdemir vorgelegte Entwurf ist aktuell noch nicht der große Wurf."