Symbolbild: Rind in einem Tiertransporter

69 brandenburgische Rinder nach vierwöchigem Martyrium getötet

Horrorzustände in türkisch-bulgarischem Grenzgebiet / VIER PFOTEN fordert ein nationales Transportverbot in Drittstaaten und prüft die Möglichkeit einer Strafanzeige

16.10.2024

Hamburg, 16. Oktober 2024 – Nach den Tragödien 2020/2021 mit 2.600 notgetöteten Jungbullen auf den Schiffen Elbeik und Karim Allah hat nach Informationen der Organisationen Animals Angels und Animal Welfare Foundation 69 trächtigen Färsen ein ähnliches Schicksal ereilt: Die schwangeren Jungrinder eines Tiertransports aus Brandenburg mussten getötet werden. Der Transporter mit den Tieren startete Mitte September aus einer Region in Brandenburg, die in einer Blauzungenkrankheits-Zone liegt. Die Tiere wurden zwar negativ auf die Krankheit getestet,steckten aber dennoch aufgrund eines Datenbank-Formfehlers seit Wochen im bulgarisch/türkischen Grenzgebiet fest. VIER PFOTEN prüft derzeit die Möglichkeit einer Strafanzeige gegen die Transporteure und die zuständigen Behörden.

„Der Fall trägt groteske Züge: Die Türkei hatte die Tiere nicht reingelassen und Bulgarien hatte sie nicht zurückgenommen. Den bitteren Preis dafür haben alle Tiere auf den Transportern mit ihrem Leben bezahlt. Die jungen Kühe, die das erste Mal in ihrem Leben schwanger waren, erlitten teils Totgeburten oder standen seit vier Wochen zusammengepfercht knöcheltief im eigenen Kot und Urin. Wie viele tote und gequälte Tiere braucht es noch, bis dieser Irrsinn endlich aufhört? Es ist von den Veterinärbehörden unverantwortlich, trotz der grassierenden Blauzungenkrankheit Tiere ins Ausland transportieren zu lassen. Da Deutschland seinen Status der Freiheit der Seuche seit August 2024 verloren hat, muss man damit rechnen, dass Drittstaaten Tiere ablehnen.

Darüber hinaus hatte Cem Özdemir bei der laufenden Tierschutzgesetznovelle die Möglichkeit, nationale Tiertransporte in Drittstaaten bundesweit zu verbieten. Doch passiert ist nichts und wir erleben jetzt mitten im aufgeklärten Europa mittelalterliche Zustände. Es ist eine Schande, wie wir die uns anvertrauten Tiere behandeln. Der Bundestag hätte jetzt noch die Chance, dass Transportverbot in die Tierschutzgesetznovelle aufzunehmen.

Aber gefragt ist auch unser Bundeslandwirtschaftsminister: Wir fordern Cem Özdemir auf, umgehend ein nationales Verbot dieser unsäglichen Tierexporte in Drittländer auf den Weg zu bringen und sich darüber hinaus auf europäischer Ebene für ein EU-weites Verbot dieser grausamen Transporte einzusetzen. Derzeit wird die EU-Verordnung zu Tiertransporten überarbeitet und Deutschland hat bislang nicht genug dafür getan, dass es zu einem EU-weiten Verbot kommen kann“, sagt Ina Müller-Arnke, Expertin für Tiere in der Landwirtschaft bei der globalen Tierschutzstiftung VIER PFOTEN.

Kein Einzelfall: Die Schiffstiertransporte der Elbeik und Karim Allah

Der tragische Fall der Rinder, die seit Mitte September an der türkischen Grenze aufgrund tierseuchenrechtlicher Unklarheiten oder Formfehler in der Datenbank festhängen, ist leider kein Einzelfall. Im September 2023 steckten 41 schwangere rumänische Färsen ebenfalls wochenlang an der Grenze zur Türkei fest, da die türkischen Behörden weder das Ausladen noch das Passieren der Grenze bewilligten. Die Tiere standen knietief in Urin und Kot, einige Tiere kalbten, einige verendeten, die restlichen wurden umgeladen und in den Irak weiter transportiert.

Im Jahr 2021 waren 2.600 Rinder an Bord der Schiffe Elbeik und Karim Allah monatelang im Mittelmeer gefangen. Trotz nachweislich gesunder Tiere fürchteten die Abnehmerländer die Kontamination mit der Blauzungenkrankheit, da die Tiere aus einer möglicherweise nicht seuchenfreien Region stammten. Hunderte Tiere verendeten auf den Schiffen. Die überlebenden Tiere waren in einem desaströsen Zustand und wurden schließlich - nach drei Monaten Irrfahrt auf dem Mittelmeer- im Hafen von Cartagena notgetötet. Tiere, die einmal die EU verlassen haben, dürfen nicht wieder in die EU re-importiert werden. Allein dies muss Grund genug sein, keine Tiere mehr in Länder außerhalb der EU zu exportieren.

„Kein Veterinäramt in Deutschland sollte Tiertransporte in Drittländer genehmigen, vor allem dann nicht, wenn eine Seuche wie die Blauzungenkrankheit im Land grassiert – auch wenn die betroffenen Tiere negativ getestet wurden, da damit gerechnet werden muss, dass die Zielländer die Tiere ablehnen. Dass Formfehler in Datenbanken das Schicksal tausender Tiere bestimmen können, ist nur ein Beispiel dafür, wie problematisch Lebendtierexporte sind.“

Ina Müller-Arnke, Expertin für Tiere in der Landwirtschaft bei der globalen Tierschutzstiftung VIER PFOTEN

Oliver Windhorst

Pressesprecher für Tiere in der Landwirtschaft

presse-d@vier-pfoten.org

+49 151 183 515 30

VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
Lübecker Straße 128, 22087 Hamburg

VIER PFOTEN ist die weltweite Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Leiden aufdeckt, Tiere in Not rettet und sie schützt. Gegründet 1988 in Wien von Heli Dungler und Freunden, setzt sich die Organisation für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Empathie und Verständnis begegnen. Die nachhaltigen Kampagnen und Projekte von VIER PFOTEN konzentrieren sich auf Haustiere wie streunende Hunde und Katzen, Nutztiere und Wildtiere - wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans - in unangemessener Haltung sowie in Katastrophen- und Konfliktgebieten. Mit Büros in Australien, Österreich, Belgien, Bulgarien, Frankreich, Deutschland, Kosovo, den Niederlanden, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, Großbritannien, den USA und Vietnam sowie Auffangstationen für gerettete Tiere in elf Ländern bietet VIER PFOTEN schnelle Hilfe und langfristige Lösungen. 

www.vier-pfoten.de

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